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Gen 15,1-21

Der Bund Gottes mit Abraham

  1. Literarischer Kontext
  2. Entstehungskontext
  3. Struktur und Gliederung
    1. Begründung der Abgrenzung und Gliederung
    2. Struktur
    3. Gliederung
  4. Gattung
  5. Der Bund
  6. Glaube und Gerechtigkeit
  7. Fazit
  8. Quellen

1. Literarischer Kontext

Das Buch Genesis berichtet von den Ursprüngen des Volkes Israels. In Gen 1–9 wird zunächst die sogenannte Urgeschichte, beginnend mit den beiden Schöpfungstexten, erzählt. Mit der Geschlechterfolge in Gen 10,1 wird zur Anfangsgeschichte Israels mit seinen Nachbarvölkern übergeleitet, in welche sich auch Gen 15 einordnen lässt. Die mittlerweile zu einem großen Volk angewachsene Menschheit ist aufgrund ihres Hochmuts von Gott zerstreut worden (Gen 10f.). Eine weitere Geschlechterfolge ab Gen 11,10 markiert einen Zeitsprung und enthält eine für die Perikope Gen 15 besonders relevante Information, nämlich, dass Abrams Frau „Sarai unfruchtbar [ist]“ (Gen 11,30). Denn im Bewusstsein dieser Information ist die Verheißung einer großen Anzahl an Nachkommen in Gen 15 insofern erstaunlich, als sie nur durch ein wundersames Eingreifen Gottes verwirklicht werden kann. Mit Abram beginnt in Gen 12,1 die erste von drei Familiengeschichten innerhalb der Anfangsgeschichte des Volkes Israels (vgl. Zenger, Bücher, 73). Schon in Gen 12 wird Abram aufgefordert, in ein fremdes Land zu gehen. Außerdem erhält er von Gott bereits die Verheißung, dass er „zu einem großen Volk [gemacht werde]“ (Gen 12,2). In Ägypten gibt Abram Sarai schließlich als seine Schwester aus, was zur Folge hat, dass Sarai „in das Haus des Pharao genommen [wird]“ (Gen 12,15) – bereits hier ist die Verheißung Gottes an Abraham erstmals gefährdet.

Nach der Perikope Gen 15 wird beschrieben, dass Sarai ihren Mann zur Sklavin Hagar schickt, damit Abram nun wenigstens von Hagar ein Kind geschenkt bekommt. Als Hagar tatsächlich schwanger wird, wird Sarai eifersüchtig und behandelt Hagar schlecht, die daraufhin davonläuft und Ismael gebiert (Gen 16). In Gen 17 verheißt Gott abermals eine große Nachkommenschaft und der Bund Gottes zu Abram wird in dem Zeichen der Beschneidung besiegelt. In Gen 21 wird dann gemäß der wiederholten Verheißung Gottes und trotz des hohen Altes von Abram und Sarai Isaak geboren. Nun wird auch klar, dass Ismael noch nicht der richtige Sohn war, denn das Versprechen Gottes erfüllt sich erst in Isaak (Gen 21,1–2). Ein Grund dafür ist die ausdrückliche Erwähnung und Stellung Sarais als Frau Abrams (Gen 11,29). Isaak ist damit rechtmäßiger Erbe (vgl. auch Levin, Verheißung, 88f.). Hagar hingegen ist Ägypterin und eine Fremde. Ein weiterer Grund könnte sein, dass sich die Verheißung nur durch göttliches Eingreifen erfüllt und nicht von Menschen gemacht ist. Gerade in dem Versuch, eine menschliche Lösung für das Problem der fehlenden Nachkommenschaft zu finden, entstehen neue Schwierigkeiten: Sarai und Hagar gelangen in einen Streit (Gen 16–17; vgl. auch Köckert, Jakob, 175). Außerdem hat Abram erst beschnitten seinen Sohn Isaak gezeugt (Gen 17; 21; vgl. Ziemer, Abram, 316).

Selbst wenn im weiteren Erzählverlauf sowohl Isaak (Gen 21,4) als auch Ismael – dieser jedoch erst mit dreizehn Jahren (Gen 17,25) – beschnitten werden, verbleibt Isaak in einer besonderen Stellung: aus seiner Linie entsteht das Volk Israel. Damit ist auch das Königtum, das Priestertum und das Land Kanaan seinen Nachkommen vorbehalten (vgl. Ziemer, Abram, 309–314. Die Königtumsverheißung gilt nur in abgeschwächter Form für Ismael. Aus seiner Linie stammen zwölf Fürsten ab. Vgl. hierzu Ziemer, Abram, 310.).

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2. Entstehungskontext

Erste mündliche Abrams-Erzählungen dürften bereits in vorexilischer Zeit entstanden sein (vgl. Hieke, Abraham, 3), „doch erst in der Identitätskrise des Babylonischen Exils (6. Jh. v. Chr.) wird das genealogische Konzept einer Abstammung Israels von Abraham entwickelt“ (Hieke, Abraham, 3). Die Sorge um das Weiterbestehen des Volkes Israels und die Erfahrung des Landverlustes spiegeln sich insbesondere in der Verheißung einer großen Nachkommenschaft und in der Landgabe wider (vgl. Hieke, Abraham, 3). Auf dem Hintergrund der Erfahrungen des sog. Babylonischen Exils (vgl. Ziemer, Abram, 171–185) kann Abram dann als eine Identifikationsfigur inmitten einer Identitätskrise verstanden werden. Indem Abram seine Zweifel durch den Glauben überwindet, können auch AdressatInnen dazu ermutigt werden, sich neu auf Gott auszurichten und seinem Wort zu vertrauen. Gerade angesichts der Erfahrung des Exils wirkt der Bundesschluss umso stärker, der nämlich nicht auf Konditionen beruht, die das Volk Israel brechen könnte, sondern auf einer einseitigen Bundeszusage Gottes. Gott erniedrigt sich sogar selbst, indem er sich durch einen Eventualfluch an die Zusage bindet (vgl. 5. Der Bund; vgl. auch Levin, Verheißung, 102). Dem Volk Israel wird so auf tröstende Weise gezeigt, dass Gott inmitten dieser Leiderfahrung präsent ist, dass er sich der Sorgen des Volkes annimmt und Israel treu bleibt.

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3. Struktur und Gliederung

3.1. Begründung der Abgrenzung und Gliederung

Die Abgrenzung der Textpassage Gen 15 ergibt sich durch die Aussage „Nach diesen Ereignissen“ (Gen 15,1). Diese impliziert einen Zeitsprung, wodurch neue Geschehnisse und damit auch ein neuer Textabschnitt eingeleitet werden. Ein weiteres Indiz für die Abgrenzung ist der Wechsel von der wörtlichen Rede (Gen 14,22–24) zur Erzählung in Gen 15,1. Darüber hinaus ändern sich die Personenkonstellationen. In Gen 14,17–21 war die Rede von Abram und Melchisedek, wohingegen in Gen 15,1–21 Gott und Abraham im Zentrum der Erzählung stehen. Nachfolgend kann ebenfalls durch das Auftreten neuer Figuren, nämlich Sarai und ihrer Sklavin Hagar (Gen 16,1), abgegrenzt werden. Auch hier ist ein Wechsel von wörtlicher Rede (Gen 15,18–21) zur Form der Erzählung zu beobachten (Gen 16,1).

Grundsätzlich wird die Perikope vor allem durch den Wechsel von wörtlicher Rede und der Form der Erzählung gegliedert. So stechen beispielsweise 15,5a „Nach diesen Ereignissen erging das Wort des HERRN in einer Vision an Abram“ oder 15,6 „Und er glaubte dem HERRN und das rechnete er ihm als Gerechtigkeit an“ inmitten eines Dialoges heraus. Darüber hinaus wird in 15,10-12.17-18aI erzählt.

Der erste Textabschnitt (15,1a-6b) strukturiert sich daneben durch den Wechsel der Gesprächspartner Gott und Abram (15,1a-1d.2a-d.3a-c.4a-d.5b-eI.5f-g). Jede wörtliche Rede wird im hebräischen Text durch eine Form von sagen (אמר) eingeleitet (15,2a.3a.5b.5f). Besonders auffällig sind jedoch die Wortereignisformeln „erging das Wort des HERRN in einer Vision an Abram“ (15,1a-aI) sowie „das Wort des HERRN erging an ihn“ (15,4a-aI). Die Abgrenzung von 15,5a kann zusätzlich durch den Ortswechsel „hinaus“ – Abram wird nach draußen geführt – begründet und 15,6 „Und er glaubte dem HERRN und das rechnete er ihm als Gerechtigkeit an“ kann als Erzählerkommentar aufgefasst werden.

Der zweite Textabschnitt (15,7a-21) wird ebenfalls durch den Wechsel der Rede Gottes bzw. Abrams (15,7a-bRII.8a-c.9a-b.13a-16b) und den Wechsel von wörtlicher Rede und Erzählung (15,10a-11b.17a-dR) strukturiert. Zudem sind bei 15,12b-bI „Bei Sonnenuntergang“ und 15,17a-c „Die Sonne war untergegangen und es war dunkel geworden“ Zeitangaben festzustellen. Die erstgenannte Zeitangabe 15,12b-bI besteht darin, dass Abram bei Sonnenuntergang einschläft. Nach der Gottesrede (15,13–16) wird dann mitgeteilt, dass die Sonne untergangen war und es finster geworden ist (15,17a-c). Darüber hinaus ist die Redeeinleitung in 15,18a-aI „An diesem Tag schloss der HERR mit Abram folgenden Bund“ hervorgehoben.

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3.2. Struktur

Hinsichtlich der Struktur des Textes fallen die wechselnden wörtlichen Reden auf, wobei der Redeanteil Gottes wesentlich größer ist. Abram äußert sich lediglich dreimal (15,2a-d.3a-c.8a-c) – zweimal während des ersten Dialogs (15,1a-4d) und einmal im zweiten Dialog (15,7a-9b) durch eine Frage, welche den Redefluss Gottes unterbricht. In 15,5b-g, in 15,13a-16b sowie in 15,18a-21 spricht nur Gott. Aufgrund dessen kann gesagt werden, dass Gott auf Abram zugeht. Dafür spricht auch, dass Gott die Rede beginnt (Gen 15,1a-d). Inmitten dieser Reden sind der Ortswechsel (15,5a) und der Erzählerkommentar (15,6a-b) – welcher das innere Vorgehen Abrams und Gottes beschreibt und mit welchem der erste große Gliederungspunkt abgeschlossen wird – besonders signifikant. Die in 15,9a-d gestellte Aufforderung führt dann zu der in 15,10a-11b vollzogenen Ausführung durch Abram. Auch die lange Rede Gottes zu Abram im Schlaf (15,13a-16b) hat eine Handlungsbeschreibung zur Folge, nämlich das Ritual als ein Zeichen der Selbstverpflichtung Gottes. Außerdem mündet die lange Rede Gottes dann in den Bundesschluss (15,18a-21), der durch seine besondere Einleitung „An diesem Tag schloss der HERR mit Abram folgenden Bund“ (15,18a-aI) strukturell heraussticht und somit den Höhepunkt der Perikope bildet.

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3.3. Gliederung

1a-6b: Verheißung Gottes an Abram
      1a-4d: Dialog zwischen Gott und Abram
            1a-d: Zuspruch Gottes in einer Vision
            2a-d: Erste Antwort Abrams
            3a-c: Zweite Antwort Abrams
           4a-d: Verheißung Gottes
      5a: Hinausführen Abrams
      5b-g: Rede Gottes
           5b-eI: Verweis auf die Sterne
            5f-g: Verheißung großer Nachkommenschaft
      6a-b: Erzählerkommentar: Glaube Abrams
7a-21: Bundesschluss
      7a-9b: Dialog zwischen Gott und Abram
                 7a-bRII: Rede Gottes
                 8a-c: Frage Abrams
                 9a-d: Aufforderung Gottes
      10a-11b: Ausführung der Aufforderung Gottes
      12a-17dR: Abrams Vision im Schlaf
                 12a-d: Abrams Schlaf
                 13a-16b: Verheißung Gottes
                 17a-dR: Ritual als Zeichen des Bundesschlusses
      18a-21: Rede Gottes: Bundesschluss

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4. Gattung

Zwar sprechen einige Merkmale – wie z. B. die Formel „Nach diesen Ereignissen“ (Gen 15,1a), die erzählenden Abschnitte (15,10-12.17) sowie die beiden Erzählerkommentare (15,5a.6a-b) – für die Gattung der Erzählung, allerdings kann nur in gewisser Weise ein geschlossener Handlungszusammenhang mit Spannungskurve beobachtet werden. Denn die meisten Narrative leiten eine wörtliche Rede ein.

Die Wortereignisformel „Nach diesen Ereignissen erging das Wort des HERRN in einer Vision an Abram“ (Gen 15,1a) stammt ursprünglich aus der Prophetie und ist ein Zeichen für göttliche Offenbarung. Indem die für die prophetische Literatur typische Formel in der Abramserzählung atypisch verwendet wird, wird Abram ganz nach dem Bild eines alttestamentlichen Propheten gezeichnet. Dabei steht die Formel nicht im Zusammenhang mit einem Wortereignis, sondern mit einer Vision (Gen 15,1a), was in den prophetischen Büchern unüblich ist. Am ähnlichsten ist Gen 15,1a noch der Einleitung der Berufungsvision in Ez 1,3 (vgl. Levin, Verheißung, 85f.).

Es lässt sich also festhalten, dass bei Gen 15 nicht von einer typischen Erzählung gesprochen werden kann, sondern eher von einem literarisch komponierten Text mit prophetischen Elementen (vgl. auch Köckert, Urgestein, 30). Angesichts dessen, dass sich Gen 15 zahlreicher Metaphern, bedeutungsvoller Begriffe sowie Traditionen bedient, kann die Perikope zudem als theologisch aufgeladener Text bewertet werden.

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5. Der Bund

Der Text läuft inhaltlich und strukturell geradezu auf den Höhepunkt des Bundeschlusses zu. Grundsätzlich kann das Wort Bund (בְּרִית berith) im Alten Testament als „Vertrag zwischen zwei Partnern, in dem sich einer oder beide Partner zu bestimmten Handlungen verpflichten bzw. bestimmte Rechte und Pflichten übernehmen“ (Paganini, Bund, 89.), verstanden werden. Die Vorstellung des Bundes ist schon in der altorientalischen Welt für Verträge zwischen zwei gleichgestellten Königen (z. B. zwischen Hattusili III. und Rames II.) oder zwischen einem König und seinen Vasallen (z. B. die Vasallenverträge Asarhaddons) belegt.

In der ersten Erwähnung des Bundes in der Noacherzählung (Gen 6,18; 9,8–17) werden bereits die Hauptmerkmale eines Bundes sichtbar: Verpflichtung, Verheißung und Zeichen (vgl. Paganini, Bund, 90). „Weil dieser Bund eine Selbstverpflichtung Gottes beinhaltet, ist auch das Zeichen des Bundes [der Regenbogen] einseitig.“ (Paganini, Bund, 90.) Im Sinaibund wird zwischen Gott und dem Volk Israel ein beidseitiges Verpflichtungsverhältnis aufgerichtet. Die Gebote und Verbote (Ex 20,1–17) sowie die Einzelbestimmungen in Ex 21–23 sind eine Sammlung der Verpflichtungen des Volkes.

Im Fall von Gen 15 ist Gott derjenige, der sich einseitig im Bundesschluss verpflichtet und Abram den Bund als Geschenk gibt. Denn an keiner Stelle ist die Rede von einer Verpflichtung Abrams. Daneben ist das Ritual ein Indiz für die einseitige Selbstverpflichtung Gottes.

Die Tiere werden nicht für eine gewöhnliche Opferung gebraucht, sondern für eine „rituelle, heilige Handlung“ (Ziemer, Abram, 194) – eine Zeichenhandlung als Antwort auf die Frage Abrams nach einem Zeichen der Landesverheißung (vgl. Willi-Plein, Genesis, 62). Abram tritt selbst als Priester auf, er nimmt die von Gott aufgetragenen Tiere, zerschneidet sie in der Mitte – ausgenommen die Vögel – und legt jedes Stück dem anderen gegenüber. Der Sinn dieser Handlung erschließt sich durch den Vergleich mit Jer 34 (vgl. Ziemer, Abram, 194f.). Sowohl in Gen 15 als auch in Jer 34 geht es „um die Vorbereitung als einer als ברית bezeichneten feierlichen Schwurhandlung“ (Ziemer, Abram, 195). In Jer 34,18 zeigt sich, dass normalerweise derjenige, der die Tiere zerschneidet, zwischen den Stücken durchgeht, „um sich für den Fall der Nichteinhaltung das Schicksal der zerschnittenen Teile zuzuziehen“ (Ziemer, Abram, 195). Mit der Nichteinhaltung ist also eine bedingte Selbstverfluchung verbunden. Indem Gott selbst die zerteilten Tiere in Gestalt eines Ofens und einer Fackel – beide Metaphern verweisen auf eine Theophanie – durchschreitet (Gen 15,17), unterwirft sich Gott selbst dem Fluch, sollte er den Bund brechen. Diese unglaubliche, fast schon skandalöse Vorstellung zeigt, dass „stärker […] eine Heilsgarantie nicht ausgedrückt werden [kann]“ (Levin, Verheißung, 100).

Obwohl für den Ritus ein Jungstier oder Kalb genügt hätte, soll Abram mehrere Tiere herbeiholen. Dies verdeutlicht das Gewicht des Bundes und zeigt zugleich, „dass es Abram, der noch immer keinen Sohn und Erben hat, materiell an nichts fehlt“. Mit dem Motiv der Raubvögel (Gen 15,11) und dem Verscheuchen der Vögel werden die Gefährdung des Bundesschlusses und Abram als Verteidiger des Bundes dargestellt (vgl. Levin, Verheißung, 99).

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6. Glaube und Gerechtigkeit

V. 6 ist insofern interessant, als darin Glaube und Gerechtigkeit vorkommen, was später von Paulus in seiner Rechtfertigungslehre rezipiert wurde (vgl. Röm 4; Gal 3). Das hebräische Verb „glauben“ (אמן ʾaman) geht auf die Grundbedeutung „fest, beständig, zuverlässig sein“ (Gesenius, Handwörterbuch, 73.) zurück. „Der Vorgang des Glaubens erscheint in diesem Licht als ein Sichfestmachen, was so viel heißt wie: in Gott und seinem Wort einen zuverlässigen Halt und einen verlässlichen Grund finden.“ (Brandscheid, Glauben (AT), 1.) Gerechtigkeit meint ein richtiges, gemeinschaftsförderliches Verhalten, welches auf den Weisungen Gottes basiert (vgl. Fischer, Gerechtigkeit / Gerechter / gerecht (AT), 2.2.1.). In Gen 15 wird der Glaube Abrams als Ideal „einer gottgemäßen Lebensführung und Bekenntnistreue“ (Brandscheid, Glauben (AT), 3.3.) dargestellt. Abram wird durch die Verheißung einer Nachkommenschaft ein großer Glaubensakt abverlangt, da seine Frau Sarai unfruchtbar ist. Doch dass Abram JHWHs Verheißung Glauben schenkt, ist nicht als „blindes Vertrauen“ zu verstehen (vgl. Brandscheid, Glauben (AT), 3.3.):

„Vielmehr setzt Jahwe selbst den Menschen Abraham durch die Vergabe seiner Verheißung in den Stand, dass er im Glauben antworten kann. Aufgehen kann Abraham die Wahrheit der Heilszusage Jahwes in ihrer geschichtswirksamen Kraft aber nur, weil er – vom Habitus her gesehen – offen für Gott und sein Handeln ist. In ihm hat er den Halt für sich erkannt, sodass er seinen Glauben in den geschichtlichen Widerfahrnissen zu bewähren in der Lage ist.“ (Brandscheid, Glauben (AT), 3.3.)

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7. Fazit

Von großer theologischer Bedeutung ist der Bundesschluss (15,18a-21), der durch seine besondere Einleitung strukturell heraussticht. Gott verpflichtet sich im Bund einseitig und Abraham darf diesen Bund empfangen, ohne selbst Konditionen erfüllen zu müssen. Der Bund ist also ein Zeichen der Treue und Hingabe Gottes. Gottes große Hingabe bis zur Selbsterniedrigung wird zudem im Ritual deutlich, in welchem Gott einen Eventualfluch auf sich nimmt und womit der Bund unauflösbar wird. Den AdressatInnen, die sich vermutlich inmitten der Exilskrise befunden haben, konnte so Mut gemacht werden, weil Gott in Abram – als dem Repräsentanten des ganzen Volkes Israels – Israel die Treue versprochen hat. Der große Anteil an wörtlicher Rede, die damit verbundene Unmittelbarkeit des Textes und die Möglichkeit der Identifikation mit Abram erzeugen für die AdressatInnen eine Art persönlichen Begegnungsraum mit der Zusage Gottes.

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8. Quellen

  • Brandscheid, Renate, Art. Glauben (AT), in: WibiLex online, 2013 (https://bibelwissenschaft.de/stichwort/19652/) [zuletzt besucht am 19.08.2023].
  • Fischer, Stefan, Art. Gerechtigkeit / Gerechter / gerecht (AT), in: WibiLex online, 2015 (https://bibelwissenschaft.de/stichwort/19316/) [zuletzt besucht am 27.06.2023].
  • Gesenius, Wilhelm, Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, Berlin u. a. 182013.
  • Hieke, Thomas, Art. Abraham, in: WibiLex online, 2005 (https://bibelwissenschaft.de/stichwort/12288/) [zuletzt besucht am 21.08.2023].
  • Köckert, Matthias, Gen 15: Vom „Urgestein“ der Väterüberlieferung zum „theologischen Programmtext“ der späten Perserzeit, in: ZAW 125 (1) (2013), 25–48.
  • Köckert, Matthias, Von Jakob zu Abraham. Studien zum Buch Genesis (FAT 147), Tübingen 2021.
  • Levin, Christoph, Verheißung und Rechtfertigung. Gesammelte Studien zum Alten Testament II (BZAW 431), Berlin – Boston 2013.
  • Paganini, Simone, Bund, in: Fieger, Michael / Krispenz, Jutta / Lanckau, Jörg (Hg.), Wörterbuch Alttestamentlicher Motive, Darmstadt 2013, 89–94.
  • Willi-Plein, Ina, Das Buch Genesis. Kapitel 12-50 (NSKAT 1/2), Stuttgart 2011.
  • ZENGER, Erich, Die Bücher der Tora/des Pentateuch. Die Tora/der Pentateuch als Ganzes, in: ZENGER, Erich u. a. (Hg.), Einleitung in das Alte Testament, Stuttgart 92016, 67–86.
  • Ziemer, Benjamin, Abram – Abraham. Kompositionsgeschichtliche Untersuchungen zu Genesis 14, 15 und 17 (BZAW 350), Berlin – New York 2005.

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Erstellt von Verena Trunzer, 2023.