Zum Inhalt springen

Jesus und Johannes der Täufer

Johannes der Täufer steht in allen vier Evangelien des Neuen Testaments am Beginn des Wirkens Jesu. Das Gewicht der Täufertradition lässt sich nur aus historischen Vorgaben erklären, die die urchristliche Verkündigung nicht ignorieren konnte. Zwei Zusammenhänge – Jesu Taufe durch Johannes und Worte Jesu über den Täufer – belegen die Hochschätzung des Täufers durch Jesus. Gleichwohl ist deutlich, dass Jesus die Botschaft des Johannes nicht fortgeführt hat.

Inhaltsverzeichnis

Die Taufe Jesu

Für die Taufe Jesu durch Johannes gibt es nur eine historisch plausible Erklärung: Jesus hat die Botschaft des Täufers akzeptiert und sich der von Johannes initiierten Umkehrbewegung angeschlossen. Ob man ihn als »Jünger« des Johannes bezeichnen kann, hängt wesentlich davon ab, wie man diesen Begriff definiert. Eine Nachfolgegemeinschaft lässt sich kaum erkennen.

Die Schwierigkeit der Taufe Jesu ist in den Evangelien noch deutlich zu erkennen: Sie besteht in der Zuordnung der beiden Figuren. Der urchristlichen Tradition war daran gelegen zu zeigen, dass Jesus Johannes übergeordnet ist. Dazu werden im Rahmen der Tauferzählung unterschiedliche Strategien eingeschlagen:

  • Mk erzählt nur knapp vom Taufvorgang und setzt von ihm die Offenbarung vom Himmel her ab. Diese geschieht nach der Taufe und zeigt, wer Jesus ist (Mk 1,9-11).
  • Mt schaltet einen kleinen Dialog vor, in dem der Täufer den höheren Rang Jesu anerkennt (Mt 3,14f).
  • Lk erzählt von der Taufe Jesu erst nach der Notiz von der Gefangennahme des Täufers und nennt diesen nicht als Akteur im Zusammenhang mit der Taufe Jesu (Lk 3,21f).
  • Am konsequentesten ist Joh, der von der Taufe Jesu gar nicht erzählt.

nach oben

Worte Jesu über den Täufer

Die Bedeutung des Täufers spiegelt sich nicht nur in der Erzählung von der Taufe Jesu und den Traditionen der Wortverkündigung des Johannes. Offensichtlich hat Jesus auch in der Zeit seines öffentlichen Wirkens an der Hochschätzung des Täufers festgehalten. Entsprechende Worte sind überliefert, die sich nicht auf die urchristliche Verkündigung zurückführen lassen. (Mt 11,7-9.11 par Lk 7,24-26.28; Mt 11,12f par Lk 16,16).

Der urchristlichen Überlieferung ist dagegen die Deutung des Johannes mittels des Schriftzitats aus Ex 23,30/Mal 3,1 zuzuschreiben:

»Dieser (Johannes) ist es, über den geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her, der deinen Weg vor dir bereiten wird.« (Mt 11,10 par Lk 7,27)

Dass dieses Schriftzitat auf die urchristliche Überlieferung zurückgeht, ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

  • Die Deutung Johannes des Täufers als Vorläufer Jesu entspricht der urchristlichen Sicht des Johannes, ist aber sonst in Jesus-Worten nicht belegt. Für Jesus ist eher eine Beziehung zur Gottesherrschaft zu erwarten, wie sie in Mt 11,11par Lk 7,28 erscheint.
  • In Mk 1,2 ist das Mal-Zitat ebenfalls bezeugt, aber nicht als Jesus-Wort. Dies ist sicher das traditionsgeschichtlich ursprüngliche Stadium, denn der Weg vom Jesus-Wort zur redaktionellen Notiz ist schlecht zu erklären.

Wenn Mt 11,10par Lk 7,27 der urchristlichen Verkündigung zuzuschreiben ist, lässt sich aus den erhaltenen Jesusworten nicht mehr rekonstruieren, welche heilsgeschichtliche Rolle Jesus selbst dem Täufer zugeschrieben hat.

nach oben

Der Aufbruch

Auch wenn Jesus die Botschaft des Täufers zunächst akzeptiert und an der Hochschätzung des Johannes festgehalten hat, so muss er sich dennoch von der Gerichts- und Umkehrpredigt des Wüstenpredigers gelöst haben. Denn seine Botschaft vom Anbruch des Gottesreiches unterscheidet sich von dem, was Johannes verkündet hatte. Deutlich wird der Gegensatz zwischen Johannes und Jesus auch durch ihr Auftreten: Johannes wird als Asket dargestellt, der sich in Kamelhaare hüllt, sich von Heuschrecken und wildem Honig ernährt und sich in der Wüste aufhält, während Jesus von seinen Gegnern polemisch als »Fresser und Säufer« (Mt 11,19) abgekanzelt wird.

Ob sich das Wirken der beiden zeitlich überschnitten hat (JohEv) oder Jesus erst nach dem Ende des Täuferwirkens aufgetreten ist (Synoptiker), lässt sich nicht mehr eindeutig klären. Beide Darstellungen können theologisch motiviert sein:

  • Die synoptischen Evangelien betonen die Vorläuferrolle, wenn Johannes von der Bühne abtritt, ehe Jesus verkündet;
  • das JohEv stellt den wachsenden Zulauf zu Jesus und den schwindenden Einfluss des Täufers dar (3,23-30) und profiliert so den übergeordneten Rang Jesu.

Zur chronologischen Einordnung des Täuferwirkens siehe hier.

nach oben

Jesu Botschaft vom Reich Gottes