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Äußere Daten des Lebens und Wirkens Jesu

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Geburt

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I. Geburtsjahr und Geburtsort

Die Geburt Jesu fällt nach Lk 2,1 in die Regierungszeit des Kaisers Augustus (31 v.Chr. bis 14 n.Chr.), nach Mt 2,1 und Lk 1,5 zugleich in die Zeit des Herodes (37-4 v.Chr.). Damit kommen wir zu keiner genaueren Angabe als: Jesus ist vor 4 v.Chr. geboren. Diese Bestimmung ist auch nicht zu präzisieren über den Stern, der die Magier leitet (Mt 2), oder die Nennung des Zensus bei Lk.

  • Der »Stern der Weisen« verhält sich nicht wie eine normale astronomische Erscheinung – etwa die große Konjunktion zwischen Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische, die sich für das Jahr 7/6 v.Chr. rekonstruieren lässt. Er wird als Wunderstern dargestellt, der zunächst die Geburt Jesu anzeigt und dann den Weg zum Kind weist. Eine normale astronomische Erscheinung kann auf der Erde keinen bestimmten Ort anzeigen, wie es der Stern mit dem Haus tut, in dem sich Jesus befindet.
  • Ein Zensus des Quirinius ist bezeugt für das Jahr 6/7 n.Chr. Freilich ist nicht »das ganze Reich« davon betroffen, sondern allein Judäa, Samaria und Idumäa, also auch nicht Nazaret in Galiläa, das Lk als Wohnort der Eltern Jesu nennt.

Mt und Lk nennen als Geburtsort Jesu Bethlehem. Allerdings erklären beide Evangelisten ganz unterschiedlich, wie es dazu kommt, das Jesus von Nazaret in Bethlehem geboren ist.

  • Nach Mt ist Bethlehem der Wohnort von Josef und Maria; erst später erfolgt der Umzug nach Nazaret (Mt 2,22f). 
  • Im LkEv ziehen Maria und Josef von ihrem Wohnort Nazaret wegen des Zensus nach Bethlehem (Lk 2,4).

Es ist also nicht ohne Weiteres möglich, hinter der Bethlehem-Tradition gesichertes historisches Faktum zu vermuten, zumal sich die Aussage von der Geburt Jesu in Bethlehem christologischer Reflexion verdanken kann: Wenn von der Geburt des Messias erzählt wird, bleibt als Geburtsort von der jüdischen Tradition her gesehen kaum etwas anderes übrig als Bethlehem.

Außerhalb der Kindheitsgeschichten wird Jesus als Nazarener oder Nazoräer oder als »Jesus von Nazaret« bezeichnet (s.a. Mk 6,1: »Vaterstadt« kann sich nur auf Nazaret beziehen). Abgesehen von Mt und Lk 2 gibt es im ganzen Neuen Testament kein Zeugnis für die Geburt Jesu in Bethlehem. Die größere Wahrscheinlichkeit spricht für Nazaret als Geburtsort Jesu.

 

II. Abstammung und Familie

Stammbaum

Mt und Lk bieten beide einen Stammbaum Jesu. Die Unterschiede beginnen aber schon beim Vater Josefs und setzen sich weiter fort. Wir haben es bei diesen Stammbäumen vor allem mit einer theologischen Aussage zu tun. Mt klärt dies mit der Einteilung in drei mal vierzehn Generationen in 1,17: So läuft die Heilsgeschichte auf Jesus Christus zu. Bei der Frage nach der Abstammung Jesu kommen wir also über die Frage nach den Eltern Jesu nicht hinaus.

 

Geistgewirkte Empfängnis

Dabei begegnen wir in den Kindheitsgeschichten des Mt und Lk der Aussage von der geistgewirkten Empfängnis, die vor allem eine theologische Aussage ist: die Bedeutung des Heilbringers Jesus zeigt sich schon in den wunderbaren Umständen seiner Empfängnis und Geburt, in seiner Herkunft von Gott. Es geht bei der Rede von der jungfräulichen Geburt Jesu also um eine Aussage über Jesus, nicht über Maria. Außerhalb der Kindheitsgeschichten finden wir diese Vorstellung nicht.

Die schmale Überlieferungsbasis lässt sich kaum zurückführen auf eine nur wenigen zugängliche »Familientradition«. Die Kindheitsgeschichten der Evangelien können kaum auf eine solche Überlieferung im Familienkreis zurückgeführt werden, denn:

  • Dass Maria die direkte Quelle beider »Kindheitsgeschichten« ist, scheitert an den Widersprüchen zwischen Mt 1-2 und Lk 1-2. Dass Lukas seine Darstellung auf spezielle Familientraditionen stützen konnte, ist eine schwierige Annahme: Lk 2,22 bezeugt eine nur ungenaue Kenntnis jüdischer Sitten.
  • Das Wissen um die wunderbare Lebensentstehung Jesu hätte in seiner Familie vor Ostern keinerlei Wirkung gezeigt. Folgt man der Darstellung der synoptischen Evangelien, muss die Familie Jesu zur Zeit seines öffentlichen Wirkens Jesus distanziert gegenübergestanden haben.
  • Auch im Blick auf die Anhänger Jesu wäre die Familie nicht besonders mitteilsam gewesen. Denn der spärliche Befund zur jungfräulichen Empfängnis im Neuen Testament zeigt ja, dass dieses christologische Motiv aufs Ganze gesehen keine große Rolle spielt und in der ältesten, formelhaften Verkündigung überhaupt nicht vorkommt.

Die Traditionen von der geistgewirkten Empfängnis gehen also wahrscheinlich nicht auf ein historisch verifizierbares Wissen um die Vorgänge um Jesu Empfängnis und Geburt zurück. Der Wert dieser Traditionen hängt aber nicht von diesem historischen Urteil ab. Eine theologische Deutung bedeutet nicht, dass die Texte beschnitten werden, sondern dass ihr eigentliches Aussageziel zum Tragen kommt. Es geht in erster Linie darum, die Bedeutung Jesu auszudrücken.

  • Durch Ostern kamen die ersten Christen zur Überzeugung, dass Gott an Jesus das Wunder der endzeitlichen Totenerweckung gewirkt hat; dass er Jesus eingesetzt hat in göttliche Macht, so dass er angerufen werden kann als »Herr«; dass Jesus die entscheidende Gestalt für die Rettung der Menschen ist. So wird Jesus bezeichnet als Sohn Gottes; in ihm hat sich Gott geoffenbart; er überbietet alle vorherigen Propheten, und diese Bedeutung Jesu wird von einem Zweig der urchristlichen Überlieferung dadurch ausgedrückt, dass die Besonderheit seiner Empfängnis erzählt wird: Jesus ist Sohn Gottes, denn er verdankt seine menschliche Existenz dem Wirken des Gottesgeistes.

 

Die Familie Jesu

In Mk 6,3 sind vier Brüder Jesu namentlich genannt (Jakobus, Joses, Judas, Simon), dazu werden ohne einzelne Aufzählung auch Schwestern Jesu erwähnt (s.a. Mk 3,31-35 parr; Apg 1,14; Gal 1,19; 1 Kor 9,5). In der heutigen exegetischen Forschung deutet man diesen Befund zumeist dahingehend, dass die neutestamentliche Überlieferung unter den Brüdern und Schwestern Jesu leibliche Geschwister versteht. Dass damit die historischen Gegebenheiten nicht getroffen sind, kann nicht nachgewiesen oder wahrscheinlich gemacht werden.

Das in diesen Zusammenhängen gebrauchte griechische Wort (adelphos) meint – abgesehen vom übertragenen Gebrauch abseits jedes verwandtschaftlichen Verhältnisses – immer den leiblichen Bruder (vielleicht auch den Halbbruder). Versuche, dieses Wort als Bezeichnung für »Cousin« oder für »Stiefbruder« (Kinder Josefs aus einer angenommenen ersten Ehe) zu verstehen, lassen sich am neutestamentlichen Sprachgebrauch nicht erhärten.

Aus den Namen der Familienmitglieder lässt sich einiges folgern über die Stellung der Familie zu den religiösen Überlieferungen. Soweit wir die Namen kennen, sind sie alle von großen Gestalten der Vergangenheit Israels genommen, von der Patriarchenzeit, über den Exodus bis zur Landnahme. Seit der Makkabäerzeit mit ihrer Rückbesinnug auf das eigene religiöse Erbe bekamen auch dessen große Gestalten neue Bedeutung bei der Namensgebung. Jesus dürfte also aus einer Familie stammen, die im jüdischen Glauben fest verwurzelt war.

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Die »verborgenen Jahre«

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I. Das Schweigen der Evangelientradition

Über die meiste Zeit des Lebens Jesu wissen wir nichts. Die Evangelien schweigen sich über Kindheit und Jugend sowie insgesamt über die Zeit vor dem öffentlichen Wirken Jesu fast vollständig aus. Einzige Ausnahme ist – neben den bereits erwähnten »Kindheitsgeschichten« – Lk 2,41-52 mit der Erzählung vom 12jährigen Jesus im Tempel, die aber nicht historisch auswertbar ist. Ihr geht es um den Aufweis der Bestimmung Jesu, seiner heilsgeschichtlichen Sendung.

Das Schweigen der kanonischen Evangelien über die Zeit vor Jesu öffentlicher Wirksamkeit ist sicher im Fehlen entsprechender Quellen begründet, und dies bedeutet: Die urchristliche Überlieferung hatte offenbar kein Interesse an der Erhellung dieses Lebensabschnittes Jesu.

 

II. Indirekte Hinweise

Die sogenannten »verborgenen Jahre« können nur indirekt erhellt werden, indem man die allgemeinen Bedingungen in den Blick nimmt, unter denen ein galiläischer Jude im 1. Jh. n.Chr. aufgewachsen ist (vgl. zum Folgenden John P. Meier, A Marginal Jew. Rethinking the Historical Jesus, Bd. I, New York 1991, 253-315. 332-345).

 

Sprache

Ganz überwiegend wird heute Aramäisch als Muttersprache Jesu angesehen. Literarische Funde und kurze Schriftstücke aus dem Alltagsleben sprechen dafür, dass die Umgangssprache in Palästina Aramäisch war. Eine bescheidene Kenntnis des Griechischen kann angenommen werden, da die Juden nicht nur in Jerusalem von griechischer Sprache und Kultur berührt wurden und etwa für geschäftliche Beziehungen die Beherrschung eines  Grundstocks des Griechischen notwendig sein konnte. Dass Jesus auf Griechisch verkündigen konnte, ist nicht anzunehmen.

 

Lesen und Schreiben

Die Frage, ob Jesus lesen und schreiben konnte, lässt sich nicht direkt aus Erzählungen ableiten, in denen entsprechende Fertigkeiten vorausgesetzt werden. Lk 4,16-30 (Jesus liest aus einer Jesaja-Rolle) verdankt sich dem theologischen Programm des LkEv, eine historische Auswertung ist schwierig. In Joh 8,6 ist nicht gedacht, dass Jesus etwas Bestimmtes in den Sand schreibt. Vielmehr kennzeichnet das Tun Jesu das Desinteresse Jesu im Kontrast zum Eifer der Ankläger.

Nimmt man die allgemeinen Bedingungen der Zeit Jesu und die besonderen Bedingungen seines näheren sozialen Umfeldes in den Blick, so ist zu urteilen: Da es kein organisiertes Schulwesen gab und ein entscheidender Impuls zum Erlernen wenigstens des Lesens die Bindung an die heiligen Schriften war, hing die Bildung von der Frömmigkeit der Familie und der Existenz einer Synagoge am Ort. Dann dürften die Bedingungen zum Erlernen des Lesens für Jesus günstig gewesen sein. Eine solche Fähigkeit erklärt auch, dass Jesus in der Lage war, mit den Schriftgelehrten über die Auslegung der Tora zu diskutieren.

 

Beruf

Nur in Mk 6,3 findet sich eine Angabe über den Beruf Jesu: tekton. Der Begriff bezeichnete den Handwerker, der ein beständig hartes Material bearbeitete, wie Holz, Stein oder Elfenbein. Man könnte ihn mit »Bauhandwerker« wiedergeben. Dieser Beruf reiht Jesus in einem gewissen Sinn unter die Armen ein – unter jene, die hart arbeiten müssen für ihren Lebensunterhalt. Er setzt ihn aber nicht an das untere Ende der sozialen Leiter.

 

Familienstand

Ausdrückliche Hinweise auf den Familienstand Jesu enthält die neutestamentliche Tradition nicht. Ein Schweigen ist immer schwierig zu interpretieren. Es wird einerseits gedeutet vor dem Hintergrund, es habe im Judentum die Verpflichtung zur Ehe gegeben. Wenn nichts gesagt werde zum Familienstand, dann deshalb, weil Jesus der Norm entsprochen habe, also verheiratet gewesen sei.

Aber: Man kann das Schweigen auch einordnen in die recht ausführlichen Angaben zur Familie Jesu: Brüder, Schwester, Vater, Mutter werden erwähnt. Wenn nichts verlautet zu einer Frau, dann deshalb, weil Jesus unverheiratet war. Man kann auch fragen, ob die Norm wirklich so unumstößlich war, dass man ein Schweigen zum Familienstand sicher von ihr her deuten kann. Zu den Essenern überliefern jüdische Autoren, es habe einen ehelosen Zweig gegeben – ohne dass sie ein Erstaunen über eine so »unjüdische« Lebensweise ausdrücken.

Der Sinn der Ehelosgikeit kann vielleicht als »Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen« aus Mt 19,12 erschlossen werden. Deutlich gemacht ist dieser Zusammenhang dort allerdings nicht.

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Die öffentliche Wirksamkeit

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I. Zeitlicher Rahmen

Einen Bezugspunkt zu einer absoluten Chronologie (also zu festen Daten der Geschichte) erhalten wir in den Evangelien nur im Blick auf Johannes den Täufer. Lk gibt in 3,1 als Beginn seines Auftretens das 15. Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius an. Diese Bestimmung bleibt etwas undeutlich, denn es gibt verschiedene Berechnungsgrundlagen. In fast allen Fällen ist allerdings das Jahr 28 vom 15. Jahr des Tiberius berührt.

Folgt man dieser Angabe und lässt das Auftreten Johannes des Täufers um das Jahr 28 beginnen, so ist damit für die Frage nach dem Beginn des Wirkens Jesu freilich noch keine ähnlich klare Auskunft gewonnen. Denn weder wissen wir, wie lange der Täufer gewirkt hat, noch ist sicher, dass Jesus erst nach dem Ende der Täuferpredigt mit einer eigenen Verkündigung aufgetreten ist.

So viel allerdings kann man sagen: Die Verkündigung des Täufers hat wahrscheinlich um das Jahr 28 begonnen, eher später als früher; Jesus wird folglich etwas später öffentlich aufgetreten sein – um wieviel später, das hängt auch ab von der Bestimmung der Dauer seines Wirkens und von seinem Todesjahr.

Nun ist aber auch die Dauer des Wirkens Jesu nicht sicher zu bestimmen. Die synoptischen Evangelien liefern dafür keinen Anhaltspunkt. Aus dem JohEv folgt, dass die Verkündigung Jesu mindestens zwei volle Jahre gedauert haben muss, da zwei Paschafeste vor dem »Todespascha« genannt werden. Über Vermutungen kommt man also nicht hinaus; Bestimmungen zwischen einigen Monaten und einem Jahr oder etwas mehr sind durchaus möglich.

 

II. Topographischer Rahmen

Die Synoptiker legen den Schwerpunkt des Wirkens Jesu auf Galiläa und Umgebung; nur einmal reist Jesus im Lauf seines öffentlichen Wirkens nach Jerusalem– der Aufenthalt, der mit seiner Hinrichtung endet. Nach dem JohEv wechselt Jesus zwischen Galiläa und Jerusalem. Überwiegend wird davon ausgegangen, dass der synoptischen Darstellung historisch der Vorzug zu geben ist. Eher ist denkbar, dass sich die Tradition in die johanneische Richtung entwickelt hat (wiederholtes Auftreten im religiösen Zentrum), als dass umgekehrt Galiläa erst sekundär zum hauptsächlichen Ort des Wirkens Jesu gemacht worden wäre.

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Passion und Tod

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I. Die Schwierigkeit einer Datierung

Die Amtszeiten des Hohenpriesters Kajaphas (18-36) und des Präfekten Pontius Pilatus (26-36) geben einen weiten Rahmen, der sich eingrenzen lässt:

  • Die öffentliche Wirksamkeit Jesu hat nicht vor 28 begonnen (siehe oben);
  • Für eine Dauer von mehr als zwei bis drei Jahren gibt es keinen Anhaltspunkt in der Evangelientradition.

Eine Verurteilung Jesu zu Beginn und am Ende der Amtszeit des Pilatus ist also unwahrscheinlich. Eine Grenze nach oben wird auch durch die Chronologie des Paulus aufgestellt. Die Berufung des Paulus ist wahrscheinlich um 32 zu datieren; davor muss aber schon eine gewisse Zeit urchristlicher Verkündigung vergangen sein, die wiederum den Tod Jesu voraussetzt. Diese Beobachtungen weisen also deutlich vor das Jahr 32.

Die Evangelien stimmen darin überein, dass der Todestag Jesu ein Freitag war. An der näheren Bestimmung dieses Tages scheiden sich aber die Synoptiker und Johannes:

  • nach Mk, Mt und Lk handelt es sich um den 1. Tag des Paschafestes, an dessen Vorabend das Paschamahl gegessen wird, nach dem jüdischen Kalender der 15. Tag des Frühlingsmonats Nisan;
  • bei Joh ist der Todestag Jesu der Rüsttag zum Pascha, also der 14. Nisan.
  Donnerstag Freitag Sabbat
  Letztes Mahl Tod Jesu  
JohEv   Rüsttag zum Pascha: Schlachten der Paschalämmer; Paschamahl am Abend Paschatag
Synoptiker Rüsttag zum Pascha: Schlachten der Paschalämmer; Paschamahl am Abend Paschatag  


Die unterschiedlichen Angaben lassen sich trotz mancher Versuche nicht harmonisieren. Beide können sich theologischen Intentionen verdanken:

  • Nach Joh stirbt Jesus zu dem Zeitpunkt, da im Tempel die Paschalämmer geschlachtet werden; Jesus wird so als das wahre Paschalamm dargestellt.
  • In der synoptischen Fassung könnte das leitende Interesse gewesen sein, das urkirchliche Abendmahl als Paschamahl in die Paschatradition einzuordnen.

 

II. Rüsttag oder Paschatag?

Für die Chronologie der Synoptiker spricht, dass das letzte Mahl Jesu schon traditionell als nächtliches Mahl (s. 1Kor 11,23) dargestellt wird. Das passt zu einem Paschamahl ebenso wie die Lokalisierung in Jerusalem. dennoch ergibt sich im Ganzen ein leichtes Plus für die joh Version:

  • Die synoptische Chronologie hängt letztlich an einer einzigen Aussage: der Frage der Jünger, wo sie das Paschamahl vorbereiten sollen (Mk 14,12). Weder wird das letzte Mahl Jesu in seinem Verlauf als Paschamahl kenntlich gemacht – vom Essen des Paschlammes ist ja nicht die Rede –, noch spielt im Zusammenhang des Todes Jesu der Paschatag eine Rolle. Die Verbindung mit dem Paschamahl könnte leicht sekundär eingetragen worden sein. Das JohEv weist eine konsequenter gestaltete Chronologie auf (18,28; 19,14; Hinweise auf Nähe des Paschafestes).
  • Die Barabbas-Episode weist – unabhängig von der Frage der Historizität – auf die joh Chronologie: Die Amnestie eines jüdischen Gefangenen zum Paschafest ergebe nur dann Sinn, wenn der Entlassene noch am Paschamahl teilnehmen kann – und das ist nur am 14. Nisan möglich. Auch die synoptischen Passionsgeschichten könnten also ursprünglich die joh Chronologie voraussetzen  (J.P. Meier, A Marginal Jew. Rethinking the Historical Jesus, Bd. I, New York 1991, 400).

 

III. Das Todesjahr

Zu fragen ist, wann um das Jahr 30 der 14. oder 15. Nisan auf einen Freitag fiel. Mit letzter Sicherheit lässt sich diese Frage nicht beantworten. Nach Joachim Jeremias lässt sich festhalten: Der 15. Nisan fiel im Jahre 27 wahrscheinlich, 30,31 und 34 möglicherweise auf einen Freitag; der 14. Nisan war wahrscheinlich 30 und 33, möglicherweise 27 ein Freitag (Die Abendmahlsworte Jesu, Göttingen 1960, 33).

Geht man vom 15. Nisan als Todestag Jesu aus, ist 31 das wahrscheinliche Todesjahr Jesu. Favorisiert man die joh Chronologie, kommt man auf das Jahr 30, insgesamt wohl die am häufigsten vertretene Einschätzung.

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