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Synoptischer Vergleich

    1. Aufgabe
    2. Methode
    3. Relevanz
    4. Übungsaufgaben

I. Aufgabe

Der synoptische Vergleich soll Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen Texten herausarbeiten, die solche Ähnlichkeiten aufweisen, dass sie im Detail miteinander verglichen werden können. Es geht um Texte, die wenigstens zum Teil so parallel aufgebaut und formuliert sind, dass sie nebeneinander gelesen, »zusammengesehen« werden können (synoptisch ist von dem griechischen Verb für »zusammensehen« abgeleitet).

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II. Methode

Man geht in zwei Schritten vor: Zunächst werden die Gemeinsamkeiten erfasst, sodann die Unterschiede zwischen den verglichenen Texten ausgewertet.

Bei der Erfassung der Gemeinsamkeiten ist zu unterscheiden zwischen wörtlichen Übereinstimmungen und solchen, die sinngemäß gegeben sind, in der Formulierung aber Differenzen aufweisen. Vergleicht man mehr als zwei Texte miteinander (etwa im Fall der synoptischen Evangelien), kann man die unterschiedlichen Gegebenheiten durch ein Farbsystem in den Unterstreichungen kenntlich machen, z.B. blau für Übereinstimmungen zwischen allen drei Synoptikern, braun für Übereinstimmungen zwischen Markus und Matthäus, orange für Übereinstimmungen zwischen Markus und Lukas, rot für Übereinstimmungen zwischen Matthäus und Lukas gegen Markus.

  • Die Gemeinsamkeiten können in quellenkritischer Ausrichtung für die Frage ausgewertet werden, ob ein literarisches Abhängigkeitsverhältnis anzunehmen ist. Entscheidend ist dafür das Ausmaß der wörtlichen Übereinstimmungen. Ist es so groß, dass es nur durch literarische Kenntnis erklärt werden kann? Die Richtung des Abhängigkeitsverhältnisses (wer ist von wem literarisch abhängig?) ist aus dem Blick auf die Gemeinsamkeiten nicht zu erkennen.

Durch das Hervorheben der Gemeinsamkeiten werden zugleich indirekt die Unterschiede markiert. Außerdem können die jeweiligen Besonderheiten, die sich nur bei einem der Texte finden, also bei Markus, Matthäus oder Lukas finden, grün markiert werden. Grundsätzlich lassen sich die Differenzen in drei Kategorien fassen:

  • Leerstelle: Ein Text bietet Material, das sich bei dem Vergleichstext/den Vergleichstexten findet, nicht.  
  • Überschuss: Ein Text bietet mehr als der Vergleichstext/die Vergleichstexte.
  • Abweichung: Die grundsätzlich vergleichbaren Texte zeigen Unterschiede im Wortschatz, Stil oder Inhalt.

Wurde durch die Untersuchung der Gemeinsamkeiten festgestellt, dass ein literarisches Abhängigkeitsverhältnis besteht, kann die Auswertung der Unterschiede zu einem Urteil über die Richtung des Abhängigkeitsverhältnisses führen. Macht ein Text A in den Unterschieden durchweg einen sekundären Eindruck – dadurch, dass er stilistisch anspruchsvoller und theologisch aussagekräftiger, eindeutiger, unanstößiger ist als Text B? Oder wechseln die entsprechenden Beobachtungen, sodass an manchen Stellen der eine, bisweilen aber der andere Text ur­sprünglicher scheint? Im ersten Fall besteht ein direktes literarisches Abhängigkeitsverhältnis (Text A setzt Text B voraus), im andern liegt beiden Texten dieselbe Quelle zugrunde (Text A und B verwenden einen Text C).

Im Fall literarischer Abhängigkeit ist die Leerstelle als Auslassung zu verstehen, der Überschuss als Hinzufügung, die Abweichung als Änderung. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Differenzen können in der Redaktionskritik aufgegriffen und ausgewertet werden.

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III. Relevanz

Der synoptische Vergleich hat nicht nur Bedeutung für die genaue Wahrnehmung der untersuchten Texte. Er ist die Grundlage für quellenkritische Urteile und redaktionskritische Analysen.

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IV. Übungsaufgaben

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© Übungsaufgaben: Methodenkurs 2023

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